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HVP Peenemünde

Allgemein

Peenemünde war ab 1937 Standort der Heeresversuchsstelle Peenemünde (HVP). In dieser Forschungsstelle wurden unter anderem die ballistische Rakete V2 und die Flugabwehrrakete Wasserfall entwickelt. Auch Teststarts des Marschflugkörpers V1 und der Rakete Schmetterling wurden in Peenemünde durchgeführt.

Bau

1937 errichteten die Deutschen auf Empfehlung von Wernher Freiherr von Braun in Peenemünde ein geheimes Waffenzentrum. Ziel war es, die 1936 begonnene Entwicklung und Erprobung der A4-Rakete (Aggregat 4, später V2) unter Geheimhaltung vor den Geheimdiensten anderer Länder fortzusetzen. Zu diesem Zweck wurde in Peenemünde an der Ostsee ein großes Forschungs- und Testzentrum errichtet. Auf dem Gelände befanden sich auch verschiedene Fabriken und Werkstätten, in denen die genannten Waffen und ihre Teile hergestellt wurden.

Der Bau selbst wurde von der Organisation Todt und mehreren privaten Bauunternehmen durchgeführt. Polnische Zwangsarbeiter und sowjetische Kriegsgefangene arbeiteten im Auftrag der OT. Sie errichteten Fabrikhallen, Lagergebäude, Wohnhäuser, Labore und Teststationen.


HVP Peenemünde
HVP Peenemünde      Heeresversuchsstelle Peenemünde (HVP) im Sommer 1943. karte © TH 2025

Peenemünde 1941
General der Artillerie Emil Leeb, Chef des Heeres WaffenAmtes Heinrich Lübke, Rüstungsminister Generalmajor Dr. Frtiz Todt, Oberst Dornberg, General der Infanterie Friedrich Olbricht Chef des Allgemeine HeerAmtes (OKH) In Peenemünde im Jahr 1941.
Bild: Bundesarchiv

Peenemünde
Generalmajor Dr. Dornberger, Dr. Hermann, Generalleutnant Schneider, Dr. Wernher von Braun, Oberst Zanssen (Kommandant von Peenemünde). In Peenemünde im Jahr 1943.
Bild: Bundesarchiv

Organisation der HVP

Leiter der Forschungseinheit (HVP) in Peenemünde war Generalmajor Walter Dornberger. Wernher von Braun war der technische Direktor der HVP, Dr. Walter Thiel der stellvertretende Direktor. Die HVP bestand aus neun verschiedenen Abteilungen.

  • 1. Konstruktionsbüro, Dr. Walter J.H. Riedel
  • 2. Aerodynamisches und mathematisches Labor, Dr. Hermann Steuding
  • 3. Windkanal, Dr. Rudolf Hermann
  • 4. Werkstofflabor, Dr. Mäder
  • 5. Flugsteuerung und Telemetrie, Dr. Ernst Steinhoff
  • 6. Entwicklungs- und Produktionslabor, Arthur Rudolph
  • 7. Prüflabor, Klaus Riedel
  • 8. Büro für Zukunftsprojekte, Ludwig Roth
  • 9. Finanzbüro, Herr Genthe

Im Rahmen verschiedener Raketenprojekte wurden in Peenemünde die ballistische Rakete V2 sowie die Raketen Wasserfall, Schmetterling, Rheintochter, Taifun und Enzia entwickelt. Auch die Langstreckenrakete V3, die gegen die USA eingesetzt werden sollte, wurde in Peenemünde entwickelt.

Von Braun
Wernher von Braun in den USA nach dem Krieg.
Bild: NASA

Aerodynamisches Institut

Dr. Rudolph Hermann leitete das Aerodynamische Institut in Peenemünde, das über einen Windkanal verfügte. Ihm unterstand ein großes Team von Technikern und Ingenieuren, das 1943 bis zu 200 Mann zählte.

Heimat-Artillerie-Park 11

In Peenemünde befand sich auch der Heimat-Artillerie-Park 11, bei dem es sich im Wesentlichen um eine Testbatterie für Flugabwehrraketen handelte. Magnus von Braun, Wernher von Brauns jüngster Bruder, arbeitete als Chemiker am Projekt zur Entwicklung von Flugabwehrraketen.

V1

Am 28. Oktober 1942 testete die Luftwaffe den V1-Marschflugkörper einer Focke Wulf Fw 200 Kondor in Karlshagen (Peenemünde-West). Der Flugkörper erwies sich als gut konstruiert und stabil. Der nächste Test fand am 10. Dezember 1942 statt, bei dem die V1-Rakete einen Sprengkopf trug. Mehr lesen: V1-Rakete

V2

Im November 1938 ordnete Walther von Brauchitsch die Errichtung einer Produktionsanlage für die A4-Raketen in Peenemünde an. Die Arbeiten wurden von Walter Dornberger geleitet. Das Werke Süd wurden im Sommer 1943 fertiggestellt. Im Juli 1943 wurde auch eine riesige Fertigungshalle F-1 fertiggestellt, in der die Massenproduktion der Raketen erfolgen sollte. Mehr lesen: Ballistische Rakete V2


V2
Teststart der V2-Rakete in Peenemünde.
Bild: Bundesarchiv

V2
Teststart der V2-Rakete in Peenemünde.
Bild: Bundesarchiv

Hs 117

Im Mai 1944 wurde die Flugabwehrrakete Hs 117 Schmetterling getestet. Insgesamt 22 Flugabwehrraketen vom Typ Hs 117 Schmetterling wurden in Karlshagen (Peenemünde) abgefeuert. Nach Modifikationen begann die Serienproduktion im Dezember 1944. Mehr lesen: HS 117 Schmetterling

Luftangriffe

General Walther Dornberger hatte bereits mit den Vorbereitungen für die Massenproduktion der V2-Rakete in Peenemünde begonnen, als die Royal Air Force (RAF) am 17. August 1943 angriff.

Die RAF bombardierte das Testgelände in Peenemünde in der Nacht des 17. August 1943. An dem Luftangriff waren 598 schwere Bomber beteiligt, die sich im Licht des Vollmonds der Küste näherten. Gleichzeitig war eine Mosquito-Einheit als Ablenkungsmanöver Richtung Berlin geschickt worden, um deutsche Abfangjäger anzulocken. Das Ablenkungsmanöver lockte bis zu 203 deutsche Abfangjäger an, die auf Flugplätzen in der Nähe von Peenemünde stationiert waren. Der Angriff erfolgte in drei Wellen und warf rund 2.000 Tonnen Bomben ab. Der Leiter des Peenemünder Werks, Obrist Dr. Walter Dornberger, erklärte nach dem Bombenangriff, die Schäden seien überraschend gering gewesen. So seien wichtige Einrichtungen wie der Windkanal, das Testgelände und das Messgebäude nicht getroffen worden. Direkte Treffer gab es jedoch im Zwangsarbeiterlager Tressenheide (18 von 30 Baracken wurden zerstört) und in den Wohnhäusern deutscher Wissenschaftler. Die Briten verloren zehn Bomber, 290 Engländer kehrten nicht von ihren Kampfeinsätzen zurück. Die Luftangriffe verursachten erhebliche Schäden und verzögerten so den Beginn der Massenproduktion der Rakete.

Reichskanzler Hitler machte die Luftwaffe für das Versagen der Abwehr verantwortlich, und so wurde auch der Luftwaffenkommandeur Hermann Göring dafür verantwortlich gemacht. Hintergrund waren auch die Bombenangriffe der US-Luftwaffe auf Regensburg und Schweinfurt in derselben Nacht. Generaloberst Hans Jeschonnek, der für die Verteidigung verantwortlich war, nahm sich nach einem Telefongespräch mit Göring am 18. August 1943 das Leben.

Das Wasserfall-Projekt erlitt zudem einen schweren Rückschlag, als Dr. Walter Thiel während der Operation Hydra am 17. und 18. August 1943 bei einem Bombenangriff der britischen Royal Air Force (RAF) auf die V-2-Produktionsanlage in Peenemünde getötet wurde. Die Operation Hydra richtete in Peenemünde erhebliche Schäden an. Insgesamt starben 732 Menschen, darunter schätzungsweise 500–600 ausländische Wehrpflichtige. Die Briten verloren 40 Bomber mit 290 Mann an Bord.


Peenemünde
Schäden durch Luftangriffe der RAF im Dorf Karlshagen am 17. und 18. August 1943.
Bild: Bundesarchiv

V2
Ergebnisse der alliierten Luftangriffe auf Peenemünde am 2. September 1944.
Bild: USAF

Evakuierung

Der Luftangriff offenbarte die Verwundbarkeit der Konstruktions- und Produktionsanlagen in Peenemünde. Die SS entzog Dornberger daraufhin das V2-Projekt und verlagerte die Produktion in unterirdische Fabriken in Nordhausen. Gleichzeitig begann die Entwicklung einer mobilen Startplattform, da feste Plattformen durch Luftangriffe besonders gefährdet waren.

Referenzliste

  • - V2 Aufbruch zur Raumfahrt, Joachim Engelman, Waffen-Arsenal, Band 91
  • - Third Reich in Ruins, url: http://www.thirdreichruins.com, 17.12.2011
  • - Wikipedia, url: http://en.wikipedia.org, 17.12.2011
  • - Raketti katoaa, Eurooppa tulessa, Janusz Piekalkiewicz

17.12.2011 (11.10.2025 09:12)